Turbolader / Turbocharger

Turbolader / Turbocharger

Ein Turbolader, auch Abgasturbolader (ATL) oder umgangssprachlich Turbo, dient der Leistungs- oder Effizienzsteigerung von Kolbenmotoren. Die Abgasturbine treibt den Verdichter an und erhöht den Luftdurchsatz oder vermindert die Ansaugarbeit des Kolbens. Der Turbo bezieht die Energie aus dem Restdruck der Abgase. Turbolader können den Druck (Stauaufladung) und die Bewegungsenergie der Abgase (Stoßaufladung) nutzen. In Verbindung mit einem Ladeluftkühler kann ein höherer Arbeitsdruck bei gleicher Temperatur im Zylinder erreicht werden.

Der Erfinder des Turboladers ist der Schweizer Alfred Büchi, der im Jahre 1905 ein Patent über die Gleichdruck- oder auch Stauaufladung anmeldete. In den 1930er-Jahren wurden von der Adolph Saurer AG aus Arbon Diesel-Lastwagen als erste Straßenfahrzeuge mit Turbolader produziert.

Prinzip und Aufbau
Bei nicht aufgeladenen Kolbenmotoren (Saugmotoren) erzeugen die Kolben einen Unterdruck im Ansaugtrakt, um Luft anzusaugen. Mit wachsender Drehzahl reicht dieser Unterdruck nicht mehr aus, die maximal mögliche Menge an Kraftstoff-Luft-Gemisch in den Verbrennungsraum zu befördern und begrenzt damit die erreichbare Leistung des Motors. Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, ist die Aufladung der Zylinder mittels eines Turboladers.

Ein Turbolader besteht aus einer Turbine und einem Verdichter, die sehr ähnlich aufgebaut sein können und auf einer gemeinsamen Welle montiert sind. Der Abgasstrom versetzt das Turbinenrad auf der Abgasseite in Rotation. Das Drehmoment wird dann über eine Welle auf das Verdichterrad im Ansaugtrakt übertragen. Dadurch entsteht zwar ein Gegendruck, der das Abströmen des Abgases behindert, so lange jedoch genügend heißes Abgas bereitgestellt werden kann, entsteht eine Überschussleistung.

Die an der Kurbelwelle messbare Leistungssteigerung beruht zu einem kleinen Teil auf einem verbesserten Wirkungsgrad, zum größten Teil aber darauf, dass mehr Kraftstoff verbrannt werden kann, weil mit der verdichteten Luft mehr Sauerstoff in die Brennräume geleitet wird. Infolge des höheren Druckes gelangt damit (bei gleichbleibendem Öffnungsintervall des Ventils) eine größere Menge Sauerstoff in die Zylinder als bei einem Saugmotor, die für die Verbrennung einer entsprechend größeren Kraftstoffmenge zur Verfügung steht. Dies führt zu einer Steigerung des Motor-Mitteldrucks und des Drehmoments und erhöht die Leistungsabgabe. Bei Otto-Turbomotoren muss oft gegenüber einem Saugmotor das Verdichtungsverhältnis verringert werden, da es ansonsten infolge zu hohen Gesamtdrucks und daraus resultierender hoher Temperatur zur unkontrollierten Zündung des Kraftstoff-Luft-Gemisches kommen kann (Klopfen).

Im Gegensatz zum Saugmotor, in welchem sich die angesaugte Luft infolge des Unterdrucks adiabatisch im Ansaugtakt abkühlt, führt die Kompression bei aufgeladenen Motoren sogar zu einer deutlichen Erwärmung der einströmenden Luft auf bis zu 150 °C.

Abgesehen von der thermischen Belastung des Kühlsystems steigt dadurch der Füllungsgrad und die Leistung des Motors nur mäßig an, weil die wärmere Luft infolge ihrer geringeren Dichte weniger Sauerstoff enthält. Um die Leistung weiter zu steigern, wird die Ladeluft bei praktisch allen modernen aufgeladenen Motoren nach der Kompression durch Ladeluftkühler gekühlt. Da der Ladeluftkühler einen Strömungswiderstand darstellt und so den vom Verdichter erzeugten Druck wieder etwas vermindert, sollte er eine Abkühlung um mehr als 50 K bewirken, um eine Leistungssteigerung gegenüber einem Motor ohne Ladeluftkühlung zu erzielen.

Um die thermische Belastung bei Volllast zu verringern, kann das Luft-Kraftstoff-Gemisch durch zusätzlichen Kraftstoff angereichert werden. Bei Motoren, bei denen eine möglichst hohe Leistungsabgabe Vorrang vor der Lebensdauer hat, kann die Ladeluft auch durch eine zusätzliche Wassereinspritzung oder Einspritzung eines Wasser-Alkohol-Gemisches direkt in den Ansaugtrakt gekühlt werden, was eine weitere Steigerung der Leistung ermöglicht.

Einfache, ungeregelte Turbolader haben, wie alle Turbinen, einen engen optimalen Betriebsbereich mit bestem Wirkungsgrad, der auf die Motorkennlinie abgestimmt wird. Außerhalb dieses Bereiches kann ein negatives Spülgefälle entstehen, vor allem wenn bei niedrigen Drehzahlen der Motor ohne Turbolader mehr Luft ansaugen könnte, aber der Abgasstrom zu gering ist und das Verdichterrad der Strömung beim Ansaugen eher im Wege steht. Dagegen wurden verschiedene Konzepte entwickelt (s.u.), beispielsweise verstellbare Turbinengeometrien oder Registeraufladung.

Turbine und Verdichter arbeiten mit Flügel- bzw. Schaufelrädern, um Strömungsenergie in eine Drehbewegung umzusetzen und umgekehrt. Moderne Turbolader können Drehzahlen bis zu 290.000 Umdrehungen pro Minute erreichen (z. B. smart Dreizylinder-Turbodiesel). Für so hohe Drehzahlen muss die Turboladerwelle in einem hydrodynamischen Gleitlager gelagert werden. Einige Turbolader besitzen neben den Ölversorgungsanschlüssen auch Anschlüsse an den Wasserkreislauf zur Kühlung.

Mittlerweile werden zusätzlich zur Gleitlagerung ein oder zwei keramische Kugellager eingesetzt. Kugelgelagerte Turbolader haben eine geringere Gleitreibfläche, was sie schneller ansprechen lässt. Das beschleunigt den Drehzahlanstieg des Laders und lässt den Ladedruck früher einsetzen

Vorteile der Turboaufladung
Die Abgasturboaufladung ermöglicht die Steigerung von maximalem Drehmoment und maximaler Leistung (bei konstantem Arbeitsvolumen) resp. des Mitteldrucks. Diese Steigerung erlaubt entweder den Einsatz eines leistungsstärkeren Motors mit annähernd gleichen Abmessungen wie beim Ursprungsaggregat oder ermöglicht ein so genanntes Downsizing des Motors, also das Erzielen einer vergleichbaren Leistung aus einer kleineren und leichteren Maschine. Der vorläufige Höhepunkt des Turbo-Prinzips wurde in den 1980er-Jahren in der Formel 1 deutlich, wobei unter Berücksichtigung des damals geltenden Hubraumlimits von 1,5 l für Turbomotoren beeindruckende Leistungen erzielt wurden. Die stärksten Wagen dieser Zeit erreichten im Training bis weit über 1.000 PS.

Aus dem p-V-Diagramm (Druck-Volumen-Diagramm) ist ersichtlich, dass ein aufgeladener Motor bereits beim ersten Takt Energie zugeführt bekommt (durch den Überdruck der komprimierten Frischluft) und nicht mehr zum Ansaugen aufwenden muss.

Als entscheidender Vorteil des Abgasturboladers gegenüber dem Kompressor erweist sich, dass dieser keine Antriebsleistung des Motors benötigt; der Abgasturbolader verwertet nur ansonsten ungenutzte (Wärme-)Energie der Abgase. Dabei arbeiten Turbolader und Kompressor prinzipiell gleich: Ein Verdichter wird vom Fahrzeugmotor angetrieben. Während der Kompressor jedoch direkt mechanisch gekoppelt ist (Zahnriemen, Zahnräder, Kette, Keilriemen) und somit unmittelbar Nutzleistung vom Motor abzieht, strömt beim Turbolader das heiße Abgas mit hoher Geschwindigkeit aus dem Zylinder und versetzt die Turbine in Rotation (der Kolben schiebt in der Folge den Rest Abgas aus, wobei der Abgasgegendruck allerdings höher als bei einem nicht aufgeladenen oder einem Motor mit Kompressor ist – siehe dazu auch unter „Nachteile“ weiter unten). Die so aus dem Abgas gewonnene zusätzliche Energie wird unmittelbar durch einen Verdichter auf das Frischgas übertragen, während sie bei einem Motor mit Kompressor ungenutzt verlorengeht. Der Gesamtwirkungsgrad des Systems „Turbo“ liegt deshalb höher als beim System „Kompressor“.

Nachteile der Turboaufladung
Bei Einsatz eines Turboladers werden meist verschiedene Baugruppen angepasst:

Durch die bessere Zylinderfüllung entstehen bei der Verbrennung höhere Mitteldrücke. Dem kann man beispielsweise durch belastbarere Lager an Pleuel und Kurbelwelle begegnen.
Die höhere Leistung wird teilweise durch einen besseren Wirkungsgrad, vor allem aber durch mehr eingespritzen Kraftstoff je Arbeitstakt erreicht. Dem kann man beispielsweise durch Kühlung der Kolbenböden mit Spritzöl und mit größeren Kühlerflächen begegnen. Für die Kraftstoffmenge werden speziell bei Dieselmotoren Düsen mit größeren Drosselquerschnitten (im Vergleich zu den baugleichen Saugern) verwendet.
Die im Turbolader zusätzlich anfallenden Temperaturspitzen werden beispielsweise mit einem Ölkühler abgeführt. Höhere Leistung erfordert grundsätzlich einen Antriebsstrang, der für größere Drehmomente ausgelegt ist.

Vor allem bei aufgeladenen Ottomotoren, deren Abgasturbinen rotglühend heiß werden können, empfehlen manche Hersteller, den Motor nach Fahrten unter hoher Last nicht sofort abzustellen, sondern einige zehn Sekunden mit Standgas laufen zu lassen, um den Lader abkühlen zu lassen. Geschieht das nicht, kann die empfindliche Öl-Lagerung der Welle durch Überhitzung irreparabel beschädigt werden.

Eine Möglichkeit, das zu verhindern, sind so genannte Nachlaufregler (englisch turbo timer). Diese lassen den Motor nach dem Abschalten der Zündung eine einstellbare Zeit weiterlaufen. Allerdings nehmen manche Versicherungsgesellschaften das Fahrzeug dann nicht mehr an, da der Motor bei abgezogenem Zündschlüssel weiterläuft. Solche Nachlaufregler besitzen im Geltungsbereich der deutschen StVZO in der Regel auch keine Allgemeine Betriebserlaubnis.

Vor allem in Kraftfahrzeugen ist eine erhebliche Regelungstechnik rund um den Turbolader notwendig, die die Störanfälligkeit senken soll, aber auch selbst Störungen erleiden kann. Die Diagnose bestimmter Schäden kann bei Motoren mit Turbolader komplizierter sein als bei ähnlichen Motoren ohne. Moderne vollelektronische Fahrzeugdiagnosesysteme („OBD“) erleichtern die Diagnose sehr.

Im Teil „Aufbau des Turboladers“ wird beschrieben, dass die Lagerung in den Motorölkreislauf einbezogen ist. Die Gleitlager der Turbolader werden von einer motorgetriebenen Ölpumpe versorgt. Während des Beschleunigungsvorgangs (transientes Betriebsverhalten) erzeugt der Turbolader nicht ausreichend Ladedruck, so dass im Ansaugsystem ein kurzzeitiger Unterdruck entsteht, welcher Öl aus dem Turbolader-Lager ansaugen kann und den Verbrennungsräumen zuleitet. Je nach Fahrintervall liegen Schätzungen vor, dass 30 bis 40 % des Motorölverbrauchs aus der Lagerung des Turboladers kommen. Dieses Motoröl erzeugt Rußpartikel, die ohne Filterung teilweise – falls nicht verbrannt – ausgeleitet werden.

Beim Beschleunigen aus niedrigen Drehzahlen fehlte vor allem älteren Turbomotoren für Kfz zunächst die richtige Abgasmenge, um den gewünschten Ladedruck zu erzeugen. Erst wenn bei steigender Drehzahl ein ausreichend starker Abgasstrom zur Verfügung stand, setzte die Aufladung ein. Generell setzt die Leistungsabgabe bei plötzlichem Gasgeben verzögert ein, da der Abgasstrom zunächst die Turbine hinreichend beschleunigen muss, damit sich der Ladedruck einstellt. Diese Verzögerung bei plötzlichen Lastsprüngen bezeichnet man als Turboloch. Diese Eigenheiten konnte durch Regelsysteme und den Einsatz kleinerer Lader oder speziell geformter Kanäle im Zylinderkopf zu einem großen Teil kompensiert werden. Konstruktionsbedingt gilt: Ein kleiner Lader spricht aufgrund der geringeren bewegten Masse schneller an als ein großer; ein großer Lader jedoch kann aus gleichem Hubraum eine höhere maximale Leistung erzielen.

Quelle: Wikipedia